Schriftformgebot für Ausbildungskostenrückersatzvereinbarungen (OGH 24.04.2024, 9 ObA 57/23g)

Erstellt von Mag. Sylvia Unger |
Arbeitsrecht , Zivilrecht , Vertragsrecht

1. Sachverhalt

Arbeitgeber (Kläger) und Arbeitnehmer (Beklagter) schlossen einen Dienstvertrag ab, der allgemeine Regelungen zum Ausbildungskostenrückersatz enthielt. In weiterer Folge unterschrieb der Arbeitnehmer eine zweite ihm vom Arbeitgeber vorgelegte Erklärung, welche die Ausbildungskostenvereinbarung weiter konkretisierte. Unter anderem beinhaltete sie die Verpflichtung des Arbeitnehmers, bei Kündigung des Arbeitsverhältnisses innerhalb von 36 Monaten ab dem Ende einer vom Arbeitgeber finanzierten Ausbildung, sämtliche Kosten dieser Ausbildung zurückzahlen zu müssen. Die Unterschrift des Arbeitgebers unterblieb

Nachdem der Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis durch Kündigung beendete, hatte der OGH zu beurteilen, ob die vom Arbeitnehmer unterschriebene Erklärung das Schriftformerfordernis des § 2d Abs 2 AVRAG erfüllte und daher gültig war (Link zur Entscheidung). 

 

2. Rechtsansicht des OGH

Eine Ausbildungskostenrückersatzvereinbarung muss laut § 2d Abs 2 Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz (AVRAG) schriftlich abgeschlossen werden. § 886 ABGB versteht unter Schriftlichkeit „Unterschriftlichkeit“, dh für die Gültigkeit ist die eigenhändige Unterfertigung der Vertragspartner notwendig. 

Aus dem Wortlaut des § 2d AVRAG schließt der OGH, dass der Gesetzgeber davon ausging, dass die Vereinbarung von Arbeitnehmer und Arbeitgeber zu unterzeichnen sei. 

Beim Schriftlichkeitsgebot des § 2d Abs 2 AVRAG handelt es sich laut OGH um eine Schutzbestimmung zugunsten des Arbeitnehmer. Zweck der Bestimmung ist zudem Transparenz – der Arbeitnehmer soll erkennen können, worauf er sich einlässt, um die finanzielle Tragweite richtig einschätzen zu können. 

Bei Vorliegen gewisser Umstände, kann das Schriftlichkeitsgebot auf die bloße Textform reduziert werden. In diesem Fall ist keine Unterschrift der Vertragspartner notwendig. Einer solchen Beschränkung der Schriftlichkeit fehlt hier laut OGH aber die Grundlage. Die Vereinbarung ist ein zweiseitig verbindliches Schriftstück – durch die Unterzeichnung entstehen Rechte und Pflichten auf beiden Seiten. Deshalb ist auch die Unterschrift beider Seiten erforderlich.

Eine Berufung des Arbeitgebers auf den beidseitig unterschriebenen Dienstvertrag, der die Rahmenbedingungen des Ausbildungskostenrückersatzes regelte, war nicht möglich, weil in diesem die wesentlichen Vertragspunkte einer Rückzahlungsvereinbarung fehlten. 

 

3. Fazit

Hat der Arbeitgeber die Vereinbarung zur Rückzahlung von Ausbildungskosten nicht unterschrieben, so ist das gesetzliche Schriftformerfordernis nicht erfüllt und die Vereinbarung rechtsunwirksam.