Newsletter 01/2018 - Unger Rechtsanwälte
1. Was erwartet uns 2018?
1.1. Vereinfachte GmbH-Gründung (Deregulierungsgesetz 2017)
Seit 01.01.2018 kann eine Einpersonen-GmbH ohne Notariatsakt gegründet werden, wenn der Alleingesellschafter eine natürliche Person und gleichzeitig einziger Geschäftsführer ist. Die Gründung ist mittels Bürgerkarte oder Handysignatur möglich (im Detail dazu siehe unseren Newsletter Ausgabe 02/2017).
Zur näheren Regelung der Vorgangsweise bei der vereinfachten GmbH-Gründung erließ das BMJ eine Verordnung, welche mit 01.01.2018 in Kraft trat, siehe im Detail unseren Artikel- Neue Verordnung für die vereinfachte GmbH-Gründung.
1.2. Angleichung Arbeiter und Angestellte
Die neuen Bestimmungen treten teilweise schon 2018 in Kraft. Im Detail siehe weiter unten.
1.3. Frauenquote im Aufsichtsrat
Seit 01.01.2018 müssen neu gewählte Aufsichtsräte börsennotierter Unternehmen und Unternehmen mit mehr als 1.000 ArbeitnehmerInnen unter bestimmten Voraussetzungen eine Frauen- bzw Männerquote von mindestens 30% erfüllen (im Detail dazu siehe unseren Newsletter Ausgabe 04/2017).
1.4. Das Wirtschaftliche Eigentümer Registergesetz (WiEReG)
Das WiEReG gilt seit 15.01.2018. Es wird ein Register eingerichtet, in dem die wirtschaftlichen Eigentümer von Gesellschaften, anderen juristischen Personen, Stiftungen, Fonds und Trusts eingetragen werden. Die Möglichkeit zur Einsicht besteht ab 02.05.2018. Einsichtsberechtigt sind ua Rechtsanwälte, Notare, Kreditinstitute, Finanzinstitute, Steuerberater, Wirtschaftsprüfer und Bilanzbuchhalter (im Detail dazu siehe unseren Newsletter Ausgabe 03/2017).
1.5. Datenschutz- Grundverordnung (DS-GVO) - die Zeit drängt!
Ab Mai 2018 gilt die DS-GVO unmittelbar in allen Mitgliedsstaaten. IST IHR UNTERNEHMEN DARAUF VORBEREITET?
Nähere Informationen finden Sie ua. weiter unten und unter folgenden Links:
Änderungen durch die Datenschutz-Grundverordnung Teil 1
Änderungen durch die Datenschutz-Grundverordnung Teil 2
Änderungen durch die Datenschutz-Grundverordnung Teil 3
1.6. Der Beschäftigungsbonus wurde eingestellt!
Seit 01.07.2017 konnte für neu eingestellte Arbeitnehmer der Beschäftigungsbonus beantragt werden. Bearbeitet werden jedoch nur mehr Anträge die bis 31.01.2018 eingebracht wurden.
Gerne beraten wir Sie auch persönlich.
1.7. Umsetzung der Payment Services Directive (PSD II) durch das Zahlungsdienstegesetz 2018 (ZaDiG 2018)
Die Zahlungsdiensterichtlinie (EU) 2015/2366 (PSD II) wurde am 23.12.2016 im Amtsblatt der EU veröffentlicht und musste bis 13.01.2018 in nationales Recht umgesetzt werden.
In Österreich soll die Umsetzung durch das Zahlungsdienstegesetz 2018 erfolgen. Die Ziele sind vor allem die Schaffung klarer rechtlicher Rahmenbedingungen für dritte Zahlungsdienstleister und die Erhöhung der Sicherheit im Zahlungsverkehr. (Bisher kam es noch zu keiner Beschlussfassung.)
Durch das ZaDiG 2018 wird das „alte“ Zahlungsdienstegesetz aufgehoben. Es kommt ua zu Änderungen im Alternativfinanzierungsgesetz, Bankwesengesetz, E-Geldgesetz 2010, Fern-Finanzdienstleistungs-Gesetz, Finanzmarktaufsichtsbehördengesetz und Gerichtsgebührengesetz.
1.8. Mitarbeiterbeteiligungsstiftungsgesetz (MitarbeiterBetStG)
Das MitarbeiterBetStG 2017 trat mit 01.01.2018 in Kraft. Die Neuerung dient der unentgeltlichen oder verbilligten Weitergabe von Aktien einer Aktiengesellschaft an ihre Mitarbeiter.
Unter gewissen Voraussetzungen ist die Zuwendung von Aktien bis zu EUR 4.500,00 jährlich pro Arbeitnehmer steuer- und sozialversicherungsfrei. Die Mitarbeiterbeteiligungsstiftung unterliegt bei Zuwendung von Aktien weder der Stiftungseingangssteuer noch der Körperschaftssteuer.
1.9. Börsegesetz 2018 und Wertpapieraufsichtsgesetz 2018
Das neue BörseG 2018 und WAG 2018 trat mit 03.01.2018 in Kraft. Wichtige Neuerungen sind ua die Zusammenführung des geregelten Freiverkehrs mit dem Amtlichen Handel und die Einführung des freiwilligen Delisting im Amtlichen Handel, dh der Widerruf der Börsennotierung.
2. Arbeiter und Angestellte - gar nicht mehr so unterschiedlich
Eine wichtige Neuerung, die uns teilweise 2018 erwartet, ist die Angleichung von Arbeitern und Angestellten, va. im Bereich der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall sowie bei den Kündigungsfristen. Hier ein kompakter Überblick über die wichtigsten Änderungen:
2.1. Änderungen für die Kündigung für
- Angestellte
Die Kündigungsregelungen des § 20 Angestelltengesetz (AngG) gelten seit 01.01.2018 für alle Angestellte unabhängig vom Ausmaß der Beschäftigung.
- Arbeiter
Die Kündigungsfristen der Arbeiter werden an jene der Angestellten angeglichen:
- Der Arbeitgeber kann mangels günstigerer Vereinbarung für den Arbeiter das Arbeitsverhältnis nur zu einem Kalendervierteljahr kündigen. Die Kündigungsfrist beträgt 6 Wochen. Die Frist erhöht sich (entsprechend den Angestelltenregelungen) nach Beschäftigungsjahren. Bei entsprechender Vereinbarung kann auch am 15. oder am Letzten eines Monats gekündigt werden. Eine Herabsetzung dieser Kündigungsfristen durch Vereinbarung ist nicht möglich.
- Der Arbeiter kann mangels günstigerer Vereinbarung zum Monatsletzten mit einer Kündigungsfrist von 1 Monat kündigen. Die Kündigungsfrist kann durch Vereinbarung bis zu einem halben Jahr ausgedehnt werden, doch darf die vom Arbeitgeber einzuhaltende Frist nicht kürzer sein als die mit dem Arbeiter vereinbarte Kündigungsfrist.
- Ist das Arbeitsverhältnis nur für die Zeit eines vorübergehenden Bedarfs vereinbart, so kann es während des 1. Monats von beiden Teilen jederzeit unter Einhaltung einer 1-wöchigen Kündigungsfrist gelöst werden.
- Die Änderungen treten mit 01.01.2021 in Kraft und sind auf Beendigungen ab dem 01.01.2021 anwendbar.
2.2. Änderungen des Entgeltfortzahlungsanspruchs im Krankheitsfall für
- Arbeiter
Der Entgeltfortzahlungsanspruch bei Dienstverhinderung aus sonstigen wichtigen persönlichen Gründen ist künftig auch für Arbeiter zwingend.
- Angestellte
- Bei Wiedererkrankung eines Angestellten innerhalb eines Jahres besteht ein Anspruch auf Entgeltfortzahlung nur insoweit, als der allgemeine Entgeltfortzahlungsanspruch des § 8 Abs 1 AngG noch nicht ausgeschöpft ist.
2.2. Mietzins- und Räumungsklage für ausständigen Mietzins April 2020 bis Juni 2020?
Aufgrund der Corona-Krise und dem damit erlassenen 2. COVID-19-Justiz-Begleitgesetz können Vermieter einen Zahlungsrückstand der Mieten von 01. April 2020 bis 30. Juni 2020 bis zum Ablauf des 31. Dezember 2020
- nicht gerichtlich einklagen oder
- aus einer vom Mieter übergebenen Kaution abdecken,
wenn der Mieter aufgrund der COVID-19-Pandemie in seiner wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit erheblich beeinträchtigt ist/war.
Beispiel:
- KellnerIn oder ReiseleiterIn, dessen/deren Arbeitsverhältnis wegen der Schließung des Restaurant- oder Touristikbetriebs gekündigt wurde,
- Selbständige(r) FriseurIn, der/die seinen/ihren Betrieb schließen musste oder
- Selbständige(r) PhysiotherapeutIn, dessen/deren Patient/innen ausblieben;
Eine erhebliche Beeinträchtigung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit liegt auch vor, wenn zwar die jeweilige Branche oder der jeweilige Berufsstand nicht von den allgemeinen Beschränkungen betroffen war, aber eine gesundheitliche oder gesundheitspolizeiliche Pandemiefolge zum Tragen kam und die betroffene Person ihre berufliche Tätigkeit nicht mehr nachgehen konnte (zB Selbständige(r) erkrankte an COVID-19).
Mieter, die weder gesundheitlich beeinträchtigt waren noch aufgrund der COVID-19-Pandemie eine Einkommensminderung erlitten, können diese Sonderregelungen nicht für sich in Anspruch nehmen.
3. Sexuelle Belästigung- TO DOs für Arbeitgeber
Kaum ein Thema wird derzeit stärker in der Medienlandschaft diskutiert. Doch was bedeutet sexuelle Belästigung aus rechtlicher Sicht eigentlich genau?
Die gesetzliche Grundlage findet sich in § 6 Gleichbehandlungsgesetz (GlBG). Eine sexuelle Belästigung liegt vor, wenn
- ein der sexuellen Sphäre zugehöriges Verhalten gesetzt wird,
- das die Würde einer Person beeinträchtigt oder dies bezweckt,
- für die betroffene Person unerwünscht, unangebracht oder anstößig ist und
- eine einschüchternde, feindselige oder demütigende Arbeitsumwelt für die betroffene Person schafft oder dies bezweckt oder in ihrer Karriere behindert.
Sexuelles Verhalten wird vom GlBG sehr weit gefasst. Darunter fallen zB körperliche Handlungen sowie verbale und non-verbale Verhaltensweisen, aber auch Fotos, E-Mails, das Erzählen freizügiger Witze und unerwünschte Einladungen mit eindeutiger Absicht können der sexuellen Sphäre zugeordnet werden.
Der OGH (9 ObA 38/17d) hat unlängst klargestellt, dass die/den Betroffenen keine Ablehnungspflicht trifft, da die ausdrückliche oder stillschweigende Zurückweisung oder Ablehnung eines sexuell belästigenden Verhaltens durch die betroffene Person keine Tatbestandsvoraussetzung der sexuellen Belästigung iSd § 6 GlBG ist.
Eine sexuelle Belästigung kann durch den Arbeitgeber, durch andere Arbeitnehmer oder durch Dritte geschehen. Zusätzlich macht sich der Arbeitgeber auch schadenersatzpflichtig, wenn er es schuldhaft unterlässt, bei sexueller Belästigung durch andere Arbeitnehmer oder Dritte angemessene Abhilfe zu schaffen. Er verletzt diese Abhilfeverpflichtung jedoch nur, wenn er von der sexuellen Belästigung wusste oder wissen hätte müssen.
Die möglichen Reaktionen des Arbeitgebers sind vielfältig (zB Ermahnung, Verwarnung, Entlassung), wobei eine Verhältnismäßigkeit der Maßnahmen zu beachten ist. Eine sofortige Entlassung des Belästigers kann notwendig sein, um die sexuell belästigte Person nicht der Gefahr weiterer Übergriffe auszusetzen. Der OGH (9 ObA 13/10t) sieht bei einer einmaligen verbalen Entgleisung jedoch keinen Entlassungsgrund gegeben.
4. Volle Haftung eines Geschäftsführers trotz Mitverschulden eines Mitarbeiters
Geschäftsführer sind der Gesellschaft gegenüber verpflichtet, die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmanns anzuwenden. Geschäftsführer, die ihre Obliegenheiten verletzen, haften der Gesellschaft für den daraus entstandenen schuldhaft verursachten Schaden. Es handelt sich dabei um eine Verschuldenshaftung und nicht um eine Erfolgshaftung, denn das Unternehmensrisiko trägt die Gesellschaft.
Geschäftsführer haften nur für eigenes Verschulden. Für ein Verschulden nachgeordneter Mitarbeiter kommt eine Eigenhaftung der Geschäftsführer nur in Betracht, wenn die Geschäftsführer ihre Organisations- und Überwachungspflichten schuldhaft verletzen. Kommt es zu einer solchen Eigenhaftung, kann sich nach Ansicht des OGH (6 Ob 84/16w) der haftende Geschäftsführer nicht auf ein allfälliges Mitverschulden nachgeordneter Mitarbeiter der Gesellschaft berufen. Er haftet mit dem fahrlässig schädigenden Mitarbeiter der Gesellschaft gegenüber solidarisch, wenn sich die (Schadens-)Anteile nicht bestimmen lassen. Ein Regress ist allerdings möglich.
5. Datenschutz- Grundverordnung gilt ab Mai 2018!
Für die Umsetzung sind ua. angemessene technische Standards, entsprechende Mitarbeiterschulungen sowie (allenfalls) die Bestellung eines Datenschutzbeauftragten notwendig. Es bestehen umfangreiche Informationspflichten bei Erhebung von personenbezogenen Daten sowie Anforderungen für eine gültige Einwilligung zur Verarbeitung dieser Daten.
Alle Unternehmen sind davon betroffen, nicht nur Großunternehmen. Bei Nichteinhaltung der datenschutzrechtlichen Bestimmungen drohen enorme Strafen (bis zu € 20 Mio oder 4% des Jahresumsatzes).
Die DS-GVO wirkt sich bspw aus auf…
… die Verarbeitung von Arbeitnehmerdaten.
… die Kontrolle der Nutzung von betrieblichen Arbeitsmitteln (zB Internet).
… bestehende Betriebsvereinbarungen (Anpassungsbedarf).
… Bewerberdaten im Online-Bewerbungsverfahren.
… elektronische Kundendateien.
… jede Erhebung, Speicherung, Abfrage, Übermittelung etc von personenbezogenen Daten.
6. Der Schimmel in der Wohnung bleibt ein Thema
Kurz und knapp: „Wird ein Objekt zu Wohnzwecken vermietet, hat der Vermieter dafür einzustehen, dass es in ortsüblicher Weise auch dafür genutzt werden darf und nutzbar ist. Kann Schimmelbildung vom Mieter nicht mit einem normalen Lüftungsverhalten verhindert werden, ist dies daher dem Vermieter, nicht dem Mieter zuzurechnen“, so der OGH in einer neuerlichen Entscheidung (8 Ob 34/17h) zum Thema „Schimmel“.
7. Novelle zum Bankwesengesetz (BWG) – Auslagerung von bankbetrieblichen Aufgaben von Banken (BGBl I Nr. 149/2017):
Für Kreditinstitute haben Auslagerungen von bankbetrieblichen Aufgaben eine hohe praktische Relevanz. Der Gesetzgeber hat nun Grenzen der Auslagerung sowie qualitative Grundsätze in § 25 BWG eingeführt. Die Novelle trat mit 03.01.2018 in Kraft.
7.1. Die neuen gesetzlichen Bestimmungen betreffen die Auslagerung wesentlicher bankbetrieblicher Aufgaben. Wesentliche Aufgaben sind all jene, deren unzureichende oder unterlassene Wahrnehmung sich negativ auf die Solvabilität (=Eigenmittelausstattung), Liquidität oder die Solidität oder Kontinuität der betriebenen Bankgeschäfte auswirken würde.
Bankgeschäftliche Kerntätigkeiten eines Kreditinstituts, wie die Entgegennahme fremder Gelder zur Verwaltung oder die Kreditvergabe, dürfen nicht ausgelagert werden.
7.2. Die Auslagerung wesentlicher bankbetrieblicher Aufgaben darf nicht
- zu einer Delegation der Aufgaben der Geschäftsleitung führen;
- das Verhältnis und die Pflichten des Kreditinstituts gegenüber seinen Geschäftspartnern und Kunden gemäß BWG verändern;
- die Überwachung durch die FMA gem § 69 BWG behindern oder erschweren;
- zu einem Entfall oder einer Veränderung der Konzessionsvoraussetzungen führen.
7.3. Die geplante Auslagerung ist vor Abschluss einer entsprechenden Vereinbarung mit einem Dienstleister der FMA schriftlich anzuzeigen. Die FMA kann von den Kreditinstituten alle erforderlichen Auskünfte über Dienstleister, mit denen Auslagerungsverträge geschlossen werden sollen oder bereits wurden, verlangen. Auf eine allfällige Verschwiegenheitspflicht kann sich das Kreditinstitut nicht berufen.
7.4. Die schriftliche Auslagerungsvereinbarung zwischen Kreditinstitut und Dienstleister muss eine klare Aufteilung der Rechte und Pflichten beinhalten. Die Auslagerung wesentlicher bankbetrieblicher Aufgaben darf weder die Qualität der internen Kontrolle des Kreditinstituts noch die Beaufsichtigung des Kreditinstituts durch die FMA beeinträchtigen.
7.5. In einer Anlage zu § 25 BWG werden Auslagerungsbedingungen geschaffen, die durch den Dienstleister und das Kreditinstitut einzuhalten sind. Darunter fallen zB Anforderungen, dass der Dienstleister über die entsprechende Eignung, Kapazität und alle gesetzlich vorgeschriebenen Zulassungen zu verfügen hat, sowie die Erstellung eines Notfallplans.