Wir informieren wieder über aktuelle Themen, wie zB über die geplante nationale Umsetzung der Omnibus-Richtlinie, das neue Urhebervertragsrecht, den aktuellen Stand zur Umsetzung der Whistleblower-Richtlinie, FMA-Rundschreiben zu Geldwäsche, aktuelle Entscheidungen zu COVID-Maßnahmen im Mietrecht und im Arbeitsrecht sowie aktuelle Judikatur zu Gesellschaftsrecht.


Zudem wurde Frau Mag Holzer als Rechtsanwältin eingetragen: GRATULATION!


1. Herzlichen Glückwunsch!

Unsere langjährige Mitarbeiterin Frau Mag. Holzer ist seit 2015 nicht mehr aus unserem Team wegzudenken. Es freut uns daher sehr, dass sie fortan unser Team als eingetragene Rechtsanwältin unterstützt. Ihre Spezialisierung liegt in Marken-, Arbeits- und Zahlungsverkehrsrecht. Darüber hinaus ist Frau Mag. Holzer zertifizierte Mediatorin.

 

Wir gratulieren dir zu deiner Angelobung und Eintragung als Rechtsanwältin und wünschen dir viel Spaß und Erfolg in diesem neuen Lebensabschnitt als Anwältin.


2. Seminarankündigungen

Am 01.06.2022 findet das Fachseminar „Arbeitsrecht für Führungskräfte“ im Hilton Vienna Plaza Wien statt. Frau Mag. Unger behandelt rechtliche Fragen zu aktuellen arbeitsrechtlichen Themen, darunter

  • Beginn und Beendigung von Dienstverhältnissen,
  • Entgelt- und Lohndumping,
  • Arbeitszeit und Arbeitsruhe
  • mit Urlauben und Krankenständen, Homeoffice
  • uvm.

Weitere Details finden Sie hier


3. Was gibt es an Neuigkeiten?

3.1.1. Novellen aufgrund der Omnibus-RL

Mit 27.11.2019 trat die sog. „Omnibus-Richtlinie“ - RL (EU) 2019/261 zur besseren Durchsetzung und Modernisierung der Verbraucherschutzvorschriften der Union - in Kraft. Mit dieser werden vier EU-Richtlinien mit dem Ziel der Modernisierung und Anpassung an die digitale Welt modifiziert. Sie war bis 28.11.2021 in nationales Recht umzusetzen und ist ab 28.05.2022 anzuwenden.

Auf nationaler Ebene liegen zwei Ministerialentwürfe zur Umsetzung der Omnibus-RL vor, für die die Begutachtungsphase bis Ende Jänner 2022 lief:

  • Modernisierungsrichtlinie-Umsetzungsgesetz-MoRUG:
    Mit diesem Gesetz werden das Fern- und Auswärtsgeschäfte-Gesetz (FAGG) und das Konsumentenschutzgesetz (KSchG) geändert.
  • Modernisierungsrichtlinie-Umsetzungsgesetz-MoRUG II:
    Mit diesem Gesetz werden das Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb 1984 (UWG) und das Bundesgesetz über die Auszeichnung von Preisen (PrAG) geändert.

3.1.2 Wesentliche Änderungen durch das MoRUG:

Änderungen im Fern- und Auswärtsgeschäft (FAGG):

  • Der Geltungsbereich wird auf die Bereitstellung von digitalen Leistungen, die nicht auf einem körperlichen Datenträger geliefert werden sollen, gegen die Hingabe von personenbezogenen Daten des Verbrauchers, ausgedehnt.
  • Vor dem Abschluss von Verträgen müssen Unternehmer mehr Kontaktinformationen bereitstellen.
  • Zudem ist eine zusätzliche Informationserteilung bei Verträgen vorgesehen, die auf Online-Marktplätzen geschlossenen werden. So müssen Anbieter eines Online-Marktplatzes den Verbraucher darauf hinweisen, ob der Dritte (zB der Warenanbieter) ein Unternehmer ist. Wenn dies nicht der Fall ist, so hat der Anbieter den Verbraucher darüber zu informieren, dass auf den Vertrag die Verbraucherschutzrechte der Union keine Anwendung finden.
  • Wird dem Verbraucher ein Preis angezeigt, der auf Grundlage einer automatisierten Entscheidungsfindung personalisiert wurde, so hat der Unternehmer darauf hinzuweisen.
  • Verlängerung der Rücktrittsfrist in bestimmten Fällen (zB bei unerbetenen Besuchen des Unternehmers in der Wohnung des Verbrauchers oder bei Ausflügen (Werbefahrten) von 14 auf 30 Tagen.
  • Der Entwurf sieht ein neues Sanktionsregime mit sehr hohen Geldstrafen vor (bis zu 4% des Jahresumsatzes des Unternehmers oder – wenn keine Informationen über den Jahresumsatz vorliegen – bis zu 2 Millionen EUR).

Änderungen im Konsumentenschutzgesetz (KSchG):

  • Erweiterung der allgemeinen Informationspflichten des Unternehmers (wie Hinweis auf das Bestehen eines gesetzlichen Gewährleistungsrechts) auf digitale Leistungen.
  • Wie im FAGG ist auch im KSchG ein neues Sanktionsregime mit sehr hohen Geldstrafen vorgesehen (bis zu 4% des Jahresumsatzes des Unternehmers oder – wenn keine Informationen über den Jahresumsatz vorliegen – bis zu 2 Millionen EUR).
  • Laut Entwurf sollen, dass die hohen Geldstrafen auch für Unterlassungsexekutionen gelten, wenn ein Unternehmer eine Vertragsbestimmung trotz Verstößen gegen § 6 KSchG oder § 879 Abs 3 ABGB weiterverwendet.

3.1.3 Wesentlichen Änderungen durch das MoRUG II:

Gesetz über den unlauteren Wettbewerb (UWG)

  • Erweiterung des Tatbestandes der irreführenden Geschäftspraktiken: Auch die idente Vermarktung einer Ware in mehreren Mitgliedstaaten, obwohl wesentliche Unterschiede in ihrer Zusammensetzung oder in den Merkmalen bestehen, gilt als irreführende Geschäftspraktik.
  • Erweiterung der Informationspflicht auch auf Online-Marktplätze: Es ist darauf hinzuweisen, ob der produktanbietende Dritte ein Unternehmer oder Verbraucher ist.
  • Zudem wird eine neue Informationspflicht umgesetzt: Suchen Verbraucher mithilfe von Stichwörtern, einer Wortgruppe oder einer anderen Eingabe nach Produkten, so sind die Hauptparameter für das Ergebnis der Suche und deren Gewichtung zur Verfügung zu stellen.
  • Macht ein Unternehmer Verbraucherbewertungen zugänglich, so gilt die Information darüber, wie er sicherstellt, dass die Bewertungen auch von Verbrauchern stammen, die das Produkt tatsächlich verwendet oder erworben haben, als wesentlich.
  • Individuelle Rechtbehelfe für Verbraucher, die durch unlautere Geschäftspraktiken geschädigt werden, werden normiert.
  • Auch im UWG ist ein neues Sanktionsregime mit sehr hohen Geldstrafen vorgesehen (bis zu 4% des im vorausgegangenen Geschäftsjahres erzielten Jahresumsatzes oder – wenn keine Informationen über den Jahresumsatz vorliegen – bis zu 2 Millionen EUR).
  • Erweiterung des Anhanges des UWG um neue Verbotstatbestände bei Verbraucherbewertungen und bei Wiederverkauf von Eintrittskarten für Veranstaltungen, vor allem bei Kultur- und Sportveranstaltungen.

Preisauszeichnungsgesetz (PrAG)

  • Werden bei Sachgütern Preisermäßigungen in Beträgen oder in Prozent bekanntgegeben, so muss der Unternehmer den vorherigen niedrigsten Preis des Sachgutes angeben, den er vor der Preisermäßigung innerhalb eines Zeitraumes von 30 Tagen verlangt hat.

Mit 01.01.2022 trat weitestgehend die neue Urheberrechts-Novelle 2021 (Urh-Nov 2021) in Kraft. Damit ergeben sich auch Änderungen, die bei urheberrechtlichen Verträgen („Lizenzverträgen“) oder bei Klauseln mit urheberrechtlichem Inhalt und zu beachten sind:

3.2.1 Verwertungsrechte und -arten sowie unbekannte Verwertungsarten (§ 24c UrhG)

In Verträgen sollte konkret festgelegt werden,

  • welche Verwertungsrechte und -arten dem Lizenznehmer eingeräumt werden sollen,
  • ob eine Werknutzungsbewilligung oder ein Werknutzungsrecht angedacht ist, dh insbesondere den Umfang definieren,
  • welche Einschränkungen gelten sollen (zB zeitlich, räumlich, online);

Allgemein formuliert ist die Art und der Umfang der Lizenz konkret vertraglich zu vereinbaren.

Im Zweifel erfolgt sonst eine Auslegung nach dem von beiden Vertragspartnern zugrunde gelegten Vertragszweck (sog. „Zweckübertragungsgrundsatz“). Der Zweckübertragungsgrundsatz gilt jedoch nicht für Arbeitnehmerwerke oder für (im Verhältnis zum Gesamtwerk) nachrangige Beiträge.

Eine unbekannte (neue) Verwertungsart muss schriftlich (mit Unterschrift) vereinbart werden. Der Urheber kann die „Lizenz“ (Werknutzungsbewilligung oder Werknutzungsrecht) binnen 3 Monaten ab Mitteilung über die beabsichtigte Aufnahme der neuen Verwertungsart widerrufen. Davon ausgenommen sind Filmwerke, nachrangige Beiträge zu einem Werk, Werke aus einem Arbeitsverhältnis oder wenn gesondert eine zusätzliche angemessene Vergütung für die unbekannte Verwertungsart vereinbart wurde.

3.2.2. Angemessenes Entgelt (§ 37b UrhG)

Urheber sollen eine angemessene und verhältnismäßige Vergütung erhalten. Angemessen ist eine Vergütung (Entgelt) insbesondere nach Kollektivvertrag oder nach Vergütungsregeln von repräsentativen Vereinigungen von Urhebern und Werknutzern. Diese Bestimmung (§ 37b UrhG) kann vertraglich ausgeschlossen werden.

Ist das Lizenzentgelt eindeutig unverhältnismäßig niedrig im Verhältnis zum ursprünglich vereinbarten Entgelt (wie zB im Fall eines Bestsellers oder unerwarteten Erfolgs), dann darf der Urheber die Vereinbarung nachträglich anpassen und ein zusätzliches angemessenes Entgelt fordern (§ 37c UrhG). Dabei wird darauf abgestellt, wie hoch die späteren Einnahmen aus der Verwertung des Werkes durch den Lizenznehmer ist. Auf dieses Recht kann im Voraus nicht wirksam verzichtet werden. Der Urheber hat einen solchen jedoch Anspruch nicht, wenn das Entgelt nach Kollektivvertrag oder einer Vergütungsregel bestimmt wurde und diese ausdrücklich eine weitere angemessene Vergütung für einen solchen Fall eines unerwarteten Erfolges („Bestsellers“) vorsieht.

3.2.3 Auskunftsanspruch des Urhebers bei entgeltlicher „Lizenz“ (§ 37d UrhG)

Der Lizenznehmer hat dem Urheber 1x im Jahr aktuelle und umfassende Informationen über die Verwertung seines Werks zu geben, nämlich über Art der Verwertung, Einnahmen und fällige Forderungen. Die Auskunftspflicht gilt ab dem 07.06.2022 und kann auch digital erfolgen. Auf den Auskunftsanspruch kann im Voraus nicht wirksam verzichtet werden. Bei Sublizenzen ist darauf zu achten, dass die Auskunftspflichten auch für die Sublizenznehmer gelten soll. Dies sollte im Sublizenzvertrag geregelt werden. Die Auskunftspflicht besteht nicht bei (im Verhältnis zum Gesamtwerk) nachrangigen Beiträgen oder wenn die Auskunft aus anderen Gründen unverhältnismäßig wäre.


Die Finanzmarktaufsicht (FMA) veröffentlichte ihre aktualisierten Rundschreiben zur Geldwäsche- und Terrorismusfinanzierungs-Prävention, nämlich

  • zu den Sorgfaltspflichten (01/2022),
  • zur internen Organisation (02/2022),
  • zur Risikoanalyse (03/2022) und
  • zu den Meldepflichten (04/2022).

Diese FMA-Rundschreiben sind unter folgendem Link abrufbar.


Ziel der „WhistleblowerRichtlinie (EU) 2019/1937 (idF „WhistleblowerRL“) ist ein umfassender und einheitlicher Schutz von Personen, die in Unternehmen Missstände aufdecken (wollen). Diese sog „Whistleblower“ setzen sich bei diesen Meldungen einem beruflichen Risiko aus, da ihnen Nachteile aufgrund der Meldung drohen könnten. Die WhistleblowerRL soll diesen Repressalien entgegenwirken. Sie war bis 17.12.2021 in nationales Recht umzusetzen. Bislang wurde die WhistleblowerRL nur von Bulgarien, Frankreich, Litauen, Malta, Portugal und Schweden umgesetzt. Die meisten EU-Länder – darunter Österreich – sind derzeit noch säumig. Eine Umsetzung in nationales Recht wird in Österreich frühestens zu Sommerbeginn zu erwarten sein.

Die WhistleblowerRL schützt Meldungen bzw Offenlegungen von Missständen in Unternehmen, die sich auf das Unionsrecht beziehen. Darunter fallen zB Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung, Datenschutz und Wettbewerbsrecht. Zusätzlich wird den Mitgliedstaaten die Möglichkeit eingeräumt, bei der Umsetzung der WhistleblowerRL in nationales Recht den Anwendungsbereich auch auf (national-)rechtswidriges Verhalten zu erweitern.

3.4.1 Art der Mitteilung

Ein Hinweisgeber genießt nur dann Schutz nach der WhistleblowerRL, wenn er einen der in der Richtlinie vorgesehenen Kanäle für seinen Hinweis nutzt. Darunter fallen:

  • Interne Meldung an das betroffene Unternehmen
  • externe Meldung an die zuständige Behörde
  • Offenlegung an die Öffentlichkeit

Bei der Offenlegung an die Öffentlichkeit handelt es sich um die ultima ratio. Zu dieser ist ein Hinweisgeber dann berechtigt, wenn trotz vorheriger interner Meldungen keine Gegenmaßnahmen eingeleitet wurden und der Hinweisgeber davon ausgehen konnte, dass eine unmittelbare oder offenkundige Gefährdung des öffentlichen Interesses vorliegt, er auch im Fall einer externen Meldung beruflichen Nachteilen ausgesetzt wäre oder wenn erwartet werden kann, dass gegen diesen Verstoß nicht vorgegangen wird.

Eine Meldung muss immer schriftlich, mündlich oder auch persönlich möglich sein. Die Rückmeldung an den Hinweisgeber muss binnen 3 Monaten nach dem Hinweis erfolgen. Der Hinweisgeber muss mittels externer Meldung Informationen bereitstellen können.

3.4.2 Zwingender Meldekanal für bestimmte Unternehmen

Die WhistleblowerRL sieht bei folgenden Unternehmen einen zwingend einzurichtenden internen Meldekanal vor:

  • (privatrechtlichen) Unternehmen mit mindestens 50 Arbeitnehmern*
  • bestimmten Finanzdienstleistungsinstituten
  • öffentlich-rechtlichen juristische Personen

*private Unternehmen zwischen 50 und 250 Mitarbeitern haben bis zum 17.12.2023 die Möglichkeit den Meldekanal entsprechend auszugestalten (Schonfrist).

3.4.3 Der „Hinweisgeber“ („Whistleblower“)

Die WhistleblowerRL schützt den „Hinweisgeber“. Darunter fallen Arbeitnehmer, ehemalige Arbeitnehmer, Praktikanten, Personen mit Leitungs- oder Aufsichtsfunktion sowie (Sub)Auftragnehmer.

Der Hinweisgeber ist nach der WhistleblowerRL vor allen vor arbeitsbezogenen Repressalien geschützt. Darunter fallen insbesondere die Kündigung, die Gehaltskürzung, Mobbing aber auch eine mögliche Rufschädigung. Ohne Zustimmung darf die Identität des Hinweisgebers nicht offengelegt werden. In einem Zivilprozess wegen erfolgter Repressalien kommt es zu einer Beweislastumkehr. Es wird angenommen, dass die arbeitsbezogene Repressalie aufgrund des Status als Hinweisgeber erfolgte. Der Arbeitgeber muss beweisen, dass die Maßnahme nicht mit der erfolgten Meldung im Zusammenhang steht.

Die WhistelblowerRL sieht auch (Verwaltungs-)Strafen gegen solche Repressalien vor. Diese sind von den jeweiligen Mitgliedstaaten im Ermessen umzusetzen.

3.4.3 Haftung(sbefreiung) des Hinweisgebers:

Solange sich der Hinweisgeber an die Voraussetzungen der WhistleblowerRL hält, haftet er grundsätzlich nicht für zB Verletzungen von Geschäftsgeheimnissen, Offenlegungsbeschränkungen. Bewusste Falschmeldungen sind jedoch nicht vom Schutzgegenstand umfasst und sollen der WhistleblowerRL nach auch unter Strafe gestellt werden.


4. Aktuelle Judikatur:

4.1.1 Mietzinsminderung wegen Betretungsverbots im Lockdown (8 Ob 131/21d)

Ist ein Mietgegenstand nicht „brauchbar“ so hat dies Auswirkungen auf die Mietzinsberechnung. Ob ein Bestandsobjekt unbrauchbar ist, ist anhand des vereinbarten Zwecks zu qualifizieren. Besteht trotz eines Betretungsverbots dennoch die (abstrakte) Möglichkeit ein Take-away / Lieferservice anzubieten, so ist das Geschäftslokal zumindest teilweise brauchbar. Allerdings steht dem Mieter der Einwand offen, dass ein Take-away oder Lieferservice mangels Kundennachfrage nicht (umgehend) zumutbar gewesen sei.

Ist ein Bestandobjekt (zB gemietete Geschäftsräumlichkeit) aufgrund „außerordentlicher Zufälle“ gem § 1104 ABGB gänzlich unbenutzbar, so ist kein Mietzins zu entrichten. Darunter nennt das Gesetz explizit den Fall einer „Seuche“. Eine Beeinträchtigung der physischen Substanz des Bestandobjekts ist nicht zwingend Voraussetzung. Der Tatbestand ist auch erfüllt, wenn die Unbenutzbarkeit aufgrund einer sekundären Wechselwirkung, wie eines hoheitlichen Eingriffs (zB Betretungsverbots) angeordnet wird.

Inwiefern ein Bestandobjekt benützbar ist, ergibt sich aus dem Vertragszweck und der Verkehrssitte. Dabei sind die Parteienvereinbarung und der Geschäftszweck maßgebend. Ist das Bestandobjekt aufgrund des Betretungsverbots gänzlich unbenützbar, weil zB gar keine (vereinbarte) Geschäftstätigkeit mehr möglich ist (Diskothek, etc.), entfällt die Pflicht zur Mietzinszahlung gänzlich; Bei einer eingeschränkten Nutzung komme es gem § 1105 ABGB hingegen zu einer aliquoten Mietzinsminderung.

Im konkreten Fall (Gastwirtschaft) bejahte der OGH den Betrieb eines Take-aways oder Lieferservices als Teil des Zwecks einer „Gastwirtschaft“, da dieser gewerberechtlich vom Anwendungsbereich des § 111 Abs 4 Z 4 GewO (Gastgewerbe) mitumfasst wird. Daher lag laut OGH zumindest die (abstrakte) teilweise Benützbarkeit vor, da das Betretungsverbot den Geschäftsbetrieb nicht gänzlich unterband. Der OGH hielt weiters fest, dass dem bestandnehmenden Gastronom jedenfalls der Einwand zusteht, dass ein Take-away oder Lieferservice mangels Nachfrage der Kundschaft nicht umgehend möglich und zumutbar ist, da ein nachhaltiges Verlustgeschäft zu erwarten sei. Dies ist vom bestandnehmenden Gastronomiebetreiber darzulegen und zu beweisen.

4.1.2 Maskenverweigern als Weltanschauung? (9 ObA 130/21i)

Eine Diskriminierung aufgrund der Weltanschauung setzt eine Ideologie iS einer „Sammelbezeichnung für alle ideologischen, politischen und ähnlichen Leitauffassungen vom Leben und der Welt“ voraus. Kritik an COVID-19 Maßnahmen wie Maskenverweigern fällt nicht unter eine diskriminierungsfähige Weltanschauung.

Im Anlassfall wurde eine Arbeitnehmerin gekündigt, weil diese sich entgegen der gesetzlich vorgeschriebenen Pflicht weigerte eine Maske zu tragen. Gegen diese Entscheidung zog die Arbeitnehmerin vor Gericht, da sie ihrer Meinung nach aufgrund ihrer „Weltanschauung“ diskriminiert worden sei. Sie brachte ua vor, dass „das Coronavirus genauso gefährlich sei, wie das Influenzavirus“, und verwies auf mehrere vom VfGH aufgehobene COVID-19 Verordnungsbestimmungen.

Der OGH hielt fest, dass eine „Weltanschauung“ als „Sammelbezeichnung für alle ideologischen, politischen und ähnlichen Leitauffassungen vom Leben und von der Welt“ definiert ist. Bei der Weigerung, eine Maske zu tragen, handelt es sich jedoch gerade um keine „Weltanschauung“, sondern vielmehr um punktuelle Kritik an den Corona Maßnahmen selbst. Eine punktuelle Kritik ist für eine Weltanschauung nicht ausreichend. Daher lag laut OGH keine Diskriminierung anhand der Weltanschauung vor. Die Kündigung erfolgte zu Recht.

4.1.3 Arbeiten trotz COVID-19 Verdachts – Entlassung! (8 ObA 54/21f)

Auch wenn der angeordnete COVID-19 Test negativ ausfällt, stellt der Umstand, dass ein Arbeitnehmer trotz Verdachts und einer Absonderung zur Arbeit erscheint, laut OGH einen Entlassungsgrund dar.

Im gegenständlichen Fall lag der Verdacht vor, dass sich eine Arbeitnehmerin mit COVID-19 infiziert hatte. Es wurde ein Test angeordnet und ihr verboten, bis zum Vorliegen des Testergebnisses ihre Wohnung zu verlassen (Absonderungsbescheid). Die Arbeitnehmerin kam jedoch am nächsten Tag zur Arbeit, bevor sie das Testergebnis erhalten hatte, und wurde umgehend vom Arbeitgeber entlassen. Diese Entlassung wurde von der Arbeitnehmerin bei Gericht angefochten, da der COVID-19 Test negativ ausfiel und ihrer Meinung nach die nachträgliche Beurteilung des Testergebnisses für die Beurteilung maßgeblich sei.

Der OGH stellte jedoch auf den Umstand ab, dass sie aufgrund einer behördlichen Absonderung die Wohnung nicht verlassen durfte, um die Ansteckungsgefahr zu minimieren. Die Arbeitnehmerin konnte nicht ausschließen, dass sie eine Gesundheitsgefährdung für andere Arbeitnehmer darstellte und erschien dennoch zur Arbeit. Der OGH bestätigte aufgrund dieses fahrlässigen Verhaltens die Entlassung.


4.2.1 Haftung für verbotene Einlagenrückgewähr (6 Ob 61/21w)

Kapitalerhaltungsschutz und Einlagenrückgewähr

In Österreich gilt für Kapitalgesellschaften (zB GmbH, AG, GmbH & CO KG) der strenge Grundsatz der Kapitalerhaltung. Nach diesem ist das Vermögen der Gesellschaft strikt von dem des Gesellschafters zu trennen (Sphärentrennung). Dieser Grundsatz soll vor ungerechtfertigten (direkten oder indirekten) Vermögensverschiebungen an einen Gesellschafter zu Lasten der Gesellschaft und damit vor einer Schmälerung Haftungsfond des Gläubigers schützen. Erfolgt eine Leistung der Gesellschaft an den Gesellschafter außerhalb der Ausschüttung des Bilanzgewinns, so kann dies eine verbotenen Einlagenrückgewähr darstellen.

Drittvergleich

Eine verbotene Einlagenrückgewähr liegt auch dann vor, wenn ein Gesellschafter für ein Rechtsgeschäft mit der Gesellschaft keine ausreichende Gegenleistung erbringt (Bevorzugung aufgrund des Gesellschafterstatus). Es ist ein Drittvergleich vorzunehmen: Wenn das Rechtsgeschäft zwischen Gesellschaft und Gesellschafter mit demselben Inhalt (objektiv) mit einer gesellschaftsfremden Person (dem „Dritten“) abgeschlossen worden wäre, liegt keine Einlagenrückgewähr vor. Misslingt der Drittvergleich, stellen die „günstigeren“ Konditionen an den Gesellschafter eine verbotene Einlagenrückgewähr dar.

Haftung

Das einlagenrückgewährende Rechtsgeschäft ist absolut nichtig. Die Gesellschaft kann die geleisteten Beiträge zurückfordern. Die Rückzahlungsverpflichtung trifft grundsätzlich den Gesellschafter als Empfänger der einlagenrückgewährenden Leistung. Aber auch der Geschäftsführer oder Vorstand kann gem § 25 Abs 3 Z 1 GmbHG / § 84 Abs 3 Z 1 AktG für die Einbringlichkeit haften. In Ausnahmefällen können sogar Dritte für eine Haftung herangezogen werden, siehe folgend:

Anlassfall (6 Ob 61/21w)

Im Anlassfall leistete in einer Mutter-Tochter Gesellschaftskonstellation eine außenstehende dritte Gesellschaft ein Darlehen an die Muttergesellschaft, dass zur Gänze von der Tochtergesellschaft der darlehensempfangenden Gesellschaft an die dritte Gesellschaft zurückbezahlt wurde. Aus wirtschaftlicher Sicht befreite die Tochtergesellschaft die Muttergesellschaft von der Rückzahlungs- bzw Zinsverpflichtung, und zwar ohne adäquate Gegenleistung oder Sicherheit. Da die Muttergesellschaft durch die Leistung der Tochtergesellschaft von der Rückzahlungsverpflichtung befreit wurde, war diese mangels Gegenleistung bereichert.

Da sich im konkreten Fall die dritte Gesellschaft der gesellschaftsrechtlichen Konstellation bewusst war, konnte die Tochtergesellschaft nicht nur von der Muttergesellschaft, sondern auch von der dritten Gesellschaft aufgrund der Nichtigkeit der Einlagenrückgewähr die Zahlung zurückverlangen.

Die dritte darlehensgewährende Gesellschaft war in die gesellschaftsrechtlich fragwürdige Konstellation „involviert“ und hatte zugleich Kenntnis von den Beteiligungsverhältnissen. Daher hafteten im Ergebnis die Muttergesellschaft und die dritte Gesellschaft für die Rückzahlung der nichtigen Einlagenrückgewähr.

Achtung: Generell hat eine verbotene Einlagenrückgewähr auch steuerliche Konsequenzen; Diese wird als „verbotene Gewinnausschüttung“ mit dem gesamten Betrag steuerpflichtig!

4.2.2 Keine überspannte Prüfpflichten bei verschleierter Einlagenrückgewähr (6 ObA 158/21k)

Laut OGH besteht keine allgemeine Erkundungs- und Prüfpflicht für alle Fälle „denkunmöglicher“ Einlagenrückgewähr, sondern nur dann, wenn ein verhärteter Verdacht „sich aufdrängt“ und an eine Gewissheit grenzt (RS0105537).

Im vorliegenden Fall wurden von einem Gesellschafter eines Kreditinstituts wiederholt Zahlungen der Gesellschaft an den Gesellschafter getätigt, damit dieser seine Schulden tilgen konnte. Der Geschäftsführer tätigte die Überweisungen in „verschleierter Absicht“ und daher hatte das Kreditinstitut von dieser Einlagenrückgewähr keine Kenntnis. Daher verneinte der OGH eine Erkundungs- und Prüfpflicht mangels sich aufdrängender, offenkundiger Art und Weise der Zahlungsflüsse.

4.2.3 Formpflichten der GmbH-Anteils-Abtretung (6 Ob 198/20s) - Notariatspflicht

In der Entscheidung 6 Ob 198/20s nahm der OGH umfassend zu den Formvorschriften von Abtretungsverträgen von GmbH-Anteilen Stellung:

Laut OGH bedarf der Abschluss eines Vorvertrags, der den künftigen Abschluss eines GmbH-Gesellschaftsvertrags zum Gegenstand hat, oder die Vereinbarung über die künftige Abtretung von Gesellschaftsanteilen einer GmbH, der Notariatsaktsform.

Diese Formpflicht umfasst sowohl das Verpflichtungsgeschäft (Kaufvertrag) als auch das Verfügungsgeschäft (Abtretungsvertrag). Meist erfolgt Angebot und Annahme unter einem in einer einzigen Abtretungsurkunde. Finden sich Angebot und Annahme in getrennten Urkunden, bedürfen beide Erklärungen der Notariatsaktsform. Dabei handelt es sich um zwingendes Recht. Von diesem Formerfordernis kann auch durch den Gesellschaftsvertrag nicht abgegangen werden. Gerade unter dem Aspekt der Rechtssicherheit (§ 76 Abs 2 GmbHG) ist laut OGH ein formfreies Abtretungsanbot einem Notariatsakt nicht gleichwertig.

Wird die Formpflicht nicht eingehalten, hat dies die Unwirksamkeit zur Folge. Die Abtretung schlägt fehl, der Käufer der Anteile wird nicht wirksam Eigentümer.

4.2.4 Nichtigkeit eines Beschlusses zur Reduzierung der Anzahl der Aufsichtsratsmitglieder (6 Ob 225/20m)

Im vorliegenden Fall sollten in einer Hauptversammlung einer Aktiengesellschaft drei Aufsichtsratsmitglieder gewählt werden. Um zu verhindern, dass der Kandidat der Minderheit gem § 87 Abs 4 AktG (Minderheiten-Aufsichtsratsmitglied) gewählt werden konnte, wurde auf Antrag eine Satzungsänderung beschlossen, mit welcher die Anzahl der Aufsichtsratsmitglieder um einen Mitgliederplatz reduziert wurde.

Laut OGH widerspricht ein Verhalten eines Gesellschafters den Treuepflichten, wenn der Minderheitenschutz des § 87 Abs 4 AktienG unterlaufen werden soll. Mit dem vorliegenden Beschluss zur Satzungsänderung sollte dieser Schutzmechanismus ausgeschaltet werden. Dies stellte laut OGH einen „diametraler Verstoß der Gesellschafter über die Abgrenzung der Einflusssphären“ dar. Der Beschluss zur Satzungsänderung war somit nichtig.

4.2.5 Ltd. mit Sitz in Österreich nach BREXIT? (9 Ob 74/21d)

Im vorliegenden Fall ging es um einen Rechtsstreit einer nach britischem Recht gegründete aber in Österreich niedergelassene „Limited“ Gesellschaft gegen einen Unternehmer in Österreich. Die Klage wurde erstinstanzlich abgewiesen, da eine britische Ltd infolge des Brexits laut dem Erstgericht keine juristische Person mehr sei und ihr somit keine Prozessfähigkeit (mehr) zukomme.

Der OGH hielt fest, dass bis zum Ausstieg Großbritanniens aus der EU aufgrund der Niederlassungsfreiheit gem Art 49 ff AEUV eine ausländische Gesellschaft in Österreich anzuerkennen war. Da Großbritannien aus der EU ausschied und es keine weiter anwendbaren Regelungen über das Schicksal britischer Gesellschaften in der EU gibt, entschied der OGH, dass die Rechtsfähigkeit der britischen Ltd in Österreich nunmehr unter dem österreichischen Gesellschaftsrechtzu beurteilen ist. Die Ltd ist laut OGH nach dem Brexit kein „rechtliches Nichts“, sondern als „Gesellschaft bürgerlichen Rechts“ (GesbR) nach § 1175 ABGB oder im Fall einer Ein-Mann-Ltd als Einzelunternehmer zu qualifizieren (Analogie § 142 UGB – Ausscheiden des vorletzten Gesellschafters aus der OG im Wege der Gesamtrechtsnachfolge).

Daher ist die Klage nicht wegen fehlender Prozessfähigkeit zurückzuweisen, sondern mit dem entsprechenden österreichischen Gesellschaftsgebilde (GesbR oder Einzelunternehmer) fortzuführen.