Sachverhalt
Die Klägerin stürzte als Radfahrerin auf einer von der Beklagten errichteten Forststraße und verletzte sich dabei schwer. Die Forststraße ist eine ausgeschilderte Mountainbike-Strecke. Die Beschilderung und Instandhaltung der Mountainbike-Strecke führt ein Dritter (idF: Tourismusverband) durch. Dieser trat dem Rechtsstreit als Nebenintervenient bei.
Grundlage dafür war eine schriftliche Vereinbarung zwischen der Beklagten und dem Tourismusverband. Diese hatte (auszugsweise) folgenden Inhalt:
IV.3.: „Die sich aus der Benützung der Wegeanlage durch Radfahrer ergebende Haftung des Wegehalters und des jeweiligen Grundeigentümers der angrenzenden Flächen wird zur Gänze vom [Tourismusverband] übernommen.“ …
IV.4.: „Der [Tourismusverband] übernimmt gegenüber den fahrberechtigten Radfahrern die Funktion eines Halters im Sinne des § 1319a ABGB und ist verpflichtet, die Straße, jedoch nur für Radfahrzwecke, im Sinne dieser Bestimmung in Stand zu setzen und in Stand zu halten.“ …
Für die Instandhaltung der Forststraße für die landwirtschaftlicher Nutzung war aber weiterhin die Beklagte verantwortlich.
Die Klägerin forderte von der Beklagten als Wegehalter Schadenersatz und die Feststellung der Haftung für alle künftigen Schäden aus dem Unfall. Die Beklagte wandte ein, dass der Tourismusverband die Haftung für Radunfälle vertraglich übernommen hätte und daher dieser zu belangen sei (=fehlende Passivlegitimation).
Rechtliche Grundlagen
§ 1319a ABGB regelt die sog. „Wegehalterhaftung“. Demnach haftet der Halter eines Weges den Benützern, wenn durch den mangelhaften Zustand des Weges ein Schaden verursacht wird und dem Halter selbst oder ihm zurechenbare Personen eine grobe Fahrlässigkeit oder Vorsatz vorzuwerfen ist.
Ausführungen des OGH
Halter eines Weges ist derjenige, der die Kosten für die Errichtung und/oder Erhaltung des Weges trägt sowie die Verfügungsmacht hat, die entsprechenden Maßnahmen zu setzen. Mithalter haften zur ungeteilten Hand.
Durch die Errichtung der Forststraße wurde die Beklagte zur „Halterin“. Die Haltereigenschaft ging durch die Vereinbarung mit dem Tourismusverband (vertragliche Übernahme der Haftung für Radunfälle) nicht verloren. Vielmehr wurde der Tourismusverband zum Mithalter des Weges.
Das ergibt sich daraus, dass der Beklagte weiterhin für die Instandhaltung der Forststraße – wenn auch nur für die Instandhaltung der Forststraße für landwirtschaftliche Nutzung – verantwortlich ist.
Die Instandhaltungspflichten des Beklagten und des Tourismusverbandes überschneiden sich zwangsläufig. So ist die Instandhaltung für die landwirtschaftliche Nutzung Basis für die (darauf aufbauende) Nutzung durch die Radfahrer.
Im Ergebnis macht daher die vertragliche Übernahme der Haftung für Radunfälle den Tourismusverband nicht zum alleinigen Halter der Mountainbike-Strecke.
Fazit
Durch die vertragliche Übernahme einer Haftung durch einen Dritten verliert der Halter des Weges nicht automatisch seine Haltereigenschaft, die ihn bei Unfällen schadenersatzpflichtig macht. Dies gilt insbesondere, wenn der Halter einen Teil des Weges weiterhin Instand setzt. Solange nicht feststeht, dass die Unfallursache ausschließlich im Verantwortungsbereich des Dritten liegt, haften der Halter und der Dritte als Mithalter zur ungeteilten Hand. Jeder von den beiden kann vom Geschädigten mit der Gesamtschuld belangt werden. Danach kann sich derjenige, der die Gesamtschuld bezahlt hat, am anderen regressieren.