Sachverhalt
Der Käufer schloss einen Kaufvertrag über eine Liegenschaft und ein Superädifikat ab. Im Kaufvertrag wurde für einen Zahlungsverzug mit den fälligen Beträgen Verzugszinsen iHv 8% vereinbart. Der Käufer erlegte den Kaufpreis innerhalb des vertraglich vereinbarten Zeitraums beim Treuhänder, übermittelte diesem aber erst rund 20 Tage später seine Steuernummer, woraufhin dieser erst dann die Steuern und Abgaben selbst berechnen sowie das Grundbuchsgesuch einbringen konnte. Nach der Einverleibung des Eigentums des Käufers im Grundbuch zahlte der Treuhänder den bei ihm erlegten Kaufpreis an den Verkäufer aus.
Der Verkäufer führte zwischenzeitlich die Hausverwaltung für den Käufer weiter, da dieser vorerst noch keine Hausverwaltung bestellt hatte. Daraus erlangte der Verkäufer Mietzinse, wovon er einen Teil zurückbehielt und nicht an den Käufer weitergab. Dies begründete der Verkäufer damit, dass ihm – neben der Abgeltung seiner Verwaltungstätigkeit – auch Verzugszinsen aus einem Zahlungsverzug des Käufers zustünden, weil dieser seine Steuernummer dem Treuhänder verspätet übermittelt habe und dadurch der treuhändig erlegte Kaufpreis verspätet ausbezahlt worden sei.
Der Käufer klagte auf Herausgabe des zurückbehaltenen Betrages. Der Verkäufer machte eine Gegenforderung geltend und stützte seinen Anspruch – neben ihm zustehendem Verwaltungshonorar – auf ihm zustehende Verzugszinsen wegen der verzögerten Auszahlung des Kaufpreises.
Entscheidung des OGH 1 Ob 172/20f
Der OGH verneinte einen Anspruch auf Verzugszinsen. Der Käufer befand sich nicht im objektiven Verzug. Gem § 1334 ABGB ist objektiver Verzug gegeben, wenn der Schuldner den durch Gesetz oder Vertrag bestimmten Zahlungstag nicht einhält, also die geschuldete Leistung nicht am vereinbarten Tag erbringt. Der Käufer zahlte aber innerhalb der Zahlungsfrist an den Treuhänder und erfüllte damit seine vertragliche Zahlungspflicht bei Fälligkeit. Der Verkäufer hat daher keinen Anspruch auf Verzugszinsen.
Fazit
Es besteht kein Anspruch auf gesetzliche Verzugszinsen, wenn die Auszahlung des beim Treuhänder rechtzeitig hinterlegten Kaufpreises an den Verkäufer durch ein Verhalten des Käufers verzögert wird. Kommt es durch eine vom Käufer verursachte, verschuldete und pflichtwidrige Verzögerung oder Verhinderung der Auszahlung des Kaufpreises zu einem konkreten Schaden beim Verkäufer, könnte Schadenersatz geltend gemacht werden.