Sachverhalt: Eine Frau ist Mieterin eines Privatparkplatzes. Der Parkplatz befindet sich auf einem Privatgrund (Kunden-/Lieferantenparkplätze) und ist mit dem Verkehrszeichen „Halten und Parken verboten“, „24 Stunden“ gekennzeichnet, und dem Hinweis, dass widerrechtlich abgestellte Fahrzeuge kostenpflichtig abgeschleppt werden.
Auf diesem Parkplatz wurde ein fremdes Fahrzeug abgestellt. Dadurch konnte der Parkplatz nicht benützt werden. Auf dem abgestellten PKW wurde ein Zettel mit dem Hinweis hinterlassen, dass auf dem Parkplatz ein Parkverbot bestehe, und dem Ersuchen, die Mieterin des Privatparkplatzes anzurufen. Da sich keiner meldete und auch nach Erkundigungen im Haus niemand wusste, wem das Auto gehöre, ließ die Mieterin das Fahrzeug abschleppen.
Danach erfolgte eine Abfrage bei der Zulassungsevidenz und beim zentralen Melderegister, die ergab, dass derzeit kein aktueller Wohnsitz des Zulassungsinhabers des abgeschleppten PKW bestehe. Eine in weiterer Folge eingeholte Auskunft eines Inkassobüros ergab, dass der Zulassungsinhaber untergetaucht war.
Daraufhin klagte das Abschleppunternehmen – nach Abtretung der Forderung der Mieterin des Privatparkplatzes – den Zulassungsinhaber, der im Gerichtsverfahren durch einen Zustellkurator vertreten war, auf Ersatz der Kosten.
Der OGH entschied: Ein eigenmächtiges Abschleppen eines fremden Fahrzeuges von einem Privatparkplatz stellt im Regelfall keine erlaubte Selbsthilfe dar. Eine Selbsthilfemaßnahme ist nicht gerechtfertigt, wenn der zu sichernde Anspruch in Wahrheit nicht bestand, die behördliche Hilfe durchaus rechtzeitig gekommen wäre oder der Eingriff im konkreten Fall bei der Abwägung der wechselseitigen Interessen übermäßig ist. Es müssen zumutbare Erkundigungen nach der Person des Lenkers eingeholt werden. Demjenigen, der das Auto rechtswidrig abgestellt hat, muss die Möglichkeit gegeben werden, das Fahrzeug selbst zu entfernen.
Die zumutbaren Erkundigungen müssen vor dem Abschleppen erfolgen. Ein Zettel am Fahrzeug und die Nachfrage beim Hausmeister oder anderen im Haus wohnenden Personen sind nicht ausreichend. Vielmehr ist es zumutbar, eine Abfrage bei der Zulassungsevidenzstelle zu machen. Nachforschungen nach der Abschleppung des PKW oder allein der Umstand, dass sich später ergab, dass der Zulassungsinhaber des Fahrzeuges untergetaucht sei, sind irrelevant.
Die vorherige Abfrage der Zulassungsevidenz wäre im Rahmen der gebotenen Interessensabwägung erforderlich gewesen, um den Zulassungsbesitzer (Lenker) des Fahrzeuges die Möglichkeit zu geben, das Fahrzeug selbst zu entfernen. Damit liegt keine berechtigte Selbsthilfe vor. Darauf begründete Schadenersatzansprüche (Abschleppkosten und PKW-Standgebühren pro Tag) können daher vom Zulassungsbesitzer des fremden Autos nicht erfolgreich geltend gemacht werden.