Ist der Arbeitgeber dafür verantwortlich, dass der Arbeitnehmer seine bezahlten Urlaubsansprüche nicht konsumieren kann, so hat der Arbeitgeber die sich hieraus ergebenden Folgen zu tragen. Ansonsten würde im Ergebnis ein Verhalten bestätigen werden, das zu einer unrechtmäßigen Bereicherung des Arbeitgebers führt und dem eigentlichen Zweck, die Gesundheit des Arbeitnehmers zu schützen, zuwiderläuft, wenn der Arbeitnehmer bereits erworbene Urlaubsansprüche unter solchen Umständen verlieren könnte, so der EuGH. Die Konsequenz war die Nachzahlung des gesamten Urlaubsanspruches seit Beginn des Arbeitsverhältnisses.
Folgen für Arbeitgeber in Österreich?
Aus dieser Entscheidung ergibt sich, dass Urlaubsansprüche bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses angesammelt werden können. Ein Problem, welches für Arbeitgeber richtig teuer werden kann. Folgt man der Ansicht des EuGH, kann es auch zu einer jahrzehntelangen Anhäufung kommen.
Eine ähnliche Problematik ist in Österreich bereits bekannt. Wird zB ein freies Dienstverhältnis in ein „echtes“ Dienstverhältnis umqualifiziert, so hat der Arbeitgeber die jeweiligen Arbeitnehmeransprüche vollständig nachzuzahlen. So kann es einerseits dazukommen, dass Arbeitnehmer ihre arbeitsrechtlichen Ansprüche (zB noch nicht verjährten Urlaub) einklagen und andererseits, dass die Gebietskrankenkasse, Finanzamt und Gemeinden entsprechende lohnabhängige Abgaben, die für „freien Dienstnehmer“ nicht gezahlt werden müssen, nachfordern.
Durch die Entscheidung des EuGH wird dieses Risiko für Arbeitgeber dahingehend verschärft, dass auch der Urlaubsanspruch uneingeschränkt angesammelt werden und keiner Verjährung unterliegen soll.
Im österreichischen Urlaubsrecht ist nun Vorsicht geboten:
§ 4 Abs 5 Urlaubsgesetz sieht vor, dass ein Urlaubsanspruch nach Ablauf von zwei Jahren ab dem Ende des Urlaubsjahres, in dem er entstanden ist, verjährt. Wird das Arbeitsverhältnis beendet, so gebührt eine Abgeltung nur für den noch nicht verjährten Urlaubsanspruch gem § 10 Abs 3 Urlaubsgesetz. Das bedeutet im Ergebnis, dass es nach derzeitiger österreichischer Gesetzeslage an sich nicht möglich ist, einen Urlaubsanspruch „anzusammeln“.
Diese Regelungen stehen klar im Widerspruch zur Entscheidung des EuGH, wenn ein bereits erworbener Urlaubsanspruch, aus Gründen, die beim Arbeitgeber liegen, nicht gewährt wird. Solange vom Gesetzgeber dieser Widerspruch nicht aufgegriffen wird, sollten die Bestimmungen des Urlaubsgesetzes unionskonform ausgelegt und die Verjährungsregeln gemäß § 4 Abs 5 Urlaubsgesetz nicht auf Fälle angewendet werden, in denen der Nichtverbrauch des Urlaubs, dem Arbeitgeber anzulasten ist.