Im Anlassfall gewährte in einer Mutter-Tochter Gesellschaftskonstellation eine außenstehende dritte Gesellschaft ein Darlehen an die Muttergesellschaft. Dieses wurde zur Gänze von der Tochtergesellschaft an die dritte Gesellschaft zurückerstattet.
Aus wirtschaftlicher Sicht befreite die Tochtergesellschaft die Muttergesellschaft von der Rückzahlungs- bzw Zinsverpflichtung, und zwar ohne adäquate Gegenleistung oder Sicherheit.
Kapitalerhaltungsschutz und Einlagenrückgewähr
In Österreich gilt für Kapitalgesellschaften wie beispielsweise der GmbH, der AG oder auch für die GmbH & Co KG der strenge Grundsatz der Kapitalerhaltung. Nach diesem ist das Vermögen der Gesellschaft strikt von dem der Gesellschafter zu trennen. Damit werden Gläubiger vor der Schmälerung des Haftungsfonds geschützt, indem ungerechtfertigte (direkte oder indirekte) Vermögensverschiebungen untersagt sind. Erfolgt eine Leistung der Gesellschaft an den Gesellschafter außerhalb der Ausschüttung des Bilanzgewinns, so kann dies eine verbotenen Einlagenrückgewähr darstellen.
Drittvergleich
Eine verbotene Einlagenrückgewähr liegt auch dann vor, wenn ein Gesellschafter für ein Rechtsgeschäft mit der Gesellschaft keine ausreichende Gegenleistung erbringt. In derartigen Fällen ist ein Drittvergleich vorzunehmen: Wenn das Rechtsgeschäft zwischen Gesellschaft und Gesellschafter mit demselben Inhalt (objektiv) mit einer gesellschaftsfremden Person (dem „Dritten“) abgeschlossen worden wäre, liegt keine Einlagenrückgewähr vor, ansonsten stellt jener Betrag, der gegenüber dem Drittvergleich unterschreitend und somit zu wenig ist eine verbotene Einlagenrückgewähr dar.
Haftung
Das einlagenrückgewährende Rechtsgeschäft ist absolut nichtig und die Gesellschaft kann den geleisteten Betrag zurückfordern. Die Rückzahlungsverpflichtung trifft in erster Linie den Gesellschafter als Empfänger der einlagenrückgewährenden Leistung. Subsidiär haftet auch die Geschäftsführung.
Entscheidung des OGH:
Der OGH entschied, dass in Ausnahmefällen auch Dritte für eine Haftung herangezogen werden können: Im Anlassfall war die dritte darlehensgewährende Gesellschaft in die gesellschaftsrechtlich fragwürdige Konstellation „involviert“ und hatte zugleich Kenntnis von den Beteiligungsverhältnissen. Da sich im konkreten Fall die dritte Gesellschaft der gesellschaftsrechtlichen Konstellation bewusst war, konnte die Tochtergesellschaft nicht nur von der Muttergesellschaft, sondern auch von der dritten Gesellschaft aufgrund der Nichtigkeit der Einlagenrückgewähr die Zahlung zurückverlangen.