Nach den heftigen Unwettern und dem Hochwasser, die den Osten Österreichs vergangenes Wochenende heimgesucht haben, sind viele freiwillige Helfer rund um die Uhr im Einsatz um der Katastrophe Herr zu werden. Die meisten dieser Menschen gehen auch einer regulären Arbeit nach. Es stellt sich die Frage, was es bei Arbeitnehmern zu beachten gilt, die freiwillige Katastrophenhilfe leisten.
1. Freiwilligendienst während der Arbeitszeit
Grundsätzlich sind Freiwilligendienste von Arbeitnehmern nicht als entgeltfortzahlungspflichtige Dienstverhinderungen zu werten. Sie fallen daher unter die sog. „Dienstverhinderungen aus sonstigen Gründen“.
Arbeitnehmer (AN) haben jedoch seit 2019 einen Rechtsanspruch auf Entgeltfortzahlung, wenn
sie wegen eines Einsatzes als freiwilliges Mitglied einer Katastrophenhilfsorganisation, eines Rettungsdienstes oder einer freiwilligen Feuerwehr
bei einem Großschadensereignis (= mehr als 100 Personen sind für zumindest acht Stunden durchgehend im Einsatz) oder
als Mitglied eines Bergrettungsdienstes
an der Dienstleistung verhindert sind (§ 8 Abs 3a AngG, § 1154b Abs 6 ABGB).
Dies gilt jedoch nur, wenn der Freiwilligendienst leistende Arbeitnehmer Lage und Ausmaß des Dienstes mit dem Arbeitgeber (AG) vereinbart.
Verweigert der AG die Zustimmung zum Freiwilligendienst, setzt der AN durch sein Fernbleiben zwar keinen Entlassungsgrund, hat aber auch keinen Anspruch auf Entgeltfortzahlung.
2. Entschädigung des Arbeitgebers
Im Fall einer Entgeltfortzahlung (aufgrund einer Vereinbarung) an den AN gebührt dem AG eine Entschädigung durch das jeweilige Bundesland, die sog. „Ausgleichsprämie“. Voraussetzung der Entschädigung ist, dass die Antragstellung in jenem Bundesland erfolgt, in dem das Großschadensereignis eingetreten ist.
Die Ausgleichsprämie steht in Höhe von € 200,-pro im Einsatz befindlichen AN und Tag zu und wird aus dem Katastrophenfonds geleistet.
3. Ruhezeit und Arbeitszeit bei Katastrophenhilfe
Die gesetzlichen Regelungen zu Arbeitszeit und Ruhezeit beziehen sich auf Arbeitszeiten, die regulär im Rahmen des Arbeitsverhältnisses erbracht werden. Freiwillige Tätigkeiten außerhalb des Arbeitsverhältnisses, wie der Dienst bei der Feuerwehr, fallen somit nicht in den Verantwortungsbereich des AG. EhrenamtlicheTätigkeiten zählen daher nicht als Arbeitszeit.
Der AG hat dem AN keine zusätzlichen Ruhezeiten zu gewähren, wenn der AN am Wochenende freiwillige Dienste (zB Feuerwehr) leistet.
4. Dienstverhinderung und verlängerter Arbeitsweg
AN sind dazu verpflichtet, alle zumutbaren Maßnahmen zu treffen, um trotz des Unwetters ihre Arbeitsleistung zu erfüllen. Dazu zählt auch ein wetterbedingt längerer Arbeitsweg. Das OLG Wien (10 Ra 156/04s, RdW 2005/242b, 197) entschied in einem solchen Fall, dass dem AN ein zeitlicher Mehraufwand von bis zu 2,5 Stunden zumutbar ist.
Wenn es einem AN aufgrund des Hochwassers dennoch nicht möglich sein solle, zur Arbeit zu kommen, liegt eine „Dienstverhinderung aus sonstigen wichtigen Gründen“ vor. In solchen Fällen behält der AN seinen Entgeltanspruch, wenn er durch
andere wichtige,
seine Person betreffende Gründe
ohne sein Verschulden
während einer verhältnismäßig kurzen Zeit
an der Arbeitsleistung gehindert wird.
5. Fazit
AN haben einen Rechtsanspruch auf Entgeltfortzahlung, wenn sie Freiwilligendienst leisten und Lage und Ausmaß des Dienstes mit dem AG vereinbart werden. Es muss sich aber um ein Großschadensereignis handeln und AN müssen Mitglied einer freiwilligen Katastrophenhilfsorganisation sein.
AG haben Anspruch auf Entschädigung, wenn sie AN Entgeltfortzahlung leisten. Es steht eine Ausgleichsprämie iHv € 200,- pro Tag und AN aus dem Katastrophenfonds des jeweiligen Bundeslands zu.
Der AG muss dem AN keine zusätzlichen Ruhezeiten gewähren, wenn dieser außerhalb der Arbeitszeit Freiwilligendienst leistet. Diese Tätigkeiten sind keine Arbeitszeit
AN müssen bei Naturkatastrophen alle ihnen zumutbaren Maßnahmen ergreifen, um ihre Arbeitsleistung zu erbringen. Dazu zählt auch ein um bis zu 2,5 Stunden verlängerter Arbeitsweg. Sofern es den AN nicht möglich sein sollte, aufgrund der Naturkatastrophe zur Arbeit zu kommen, liegt eine Dienstverhinderung aus sonstigen wichtigen Gründen vor, bei der sie ihren Anspruch auf Entgelt behalten.