FlexCo: Mitarbeiterbeteiligung in Form von Unternehmenswert-Anteilen

Erstellt von Mag. Christoph Fasching, MBA |
Gesellschaftsrecht

Neuheit im österreichischen Gesellschaftsrecht: Mitarbeiterbeteiligung durch Unternehmenswert-Anteile in der Flexiblen Kapitalgesellschaft. Wir informieren, was es damit auf sich hat und worauf zu achten ist. 

Bei Unternehmenswert-Anteilen handelt es sich um eine neue, auf die Bedürfnisse der Praxis zugeschnittene Beteiligungsform bzw Anteilsklasse, die vor allem für Start-Ups und andere innovativen Unternehmen eine spannende Möglichkeit zur Mitarbeiterbeteiligung bietet. Die Grundkonzeption der Unternehmenswert-Anteile ist, dass den Unternehmenswert-Beteiligten eine Beteiligung am Substanzwert und am Gewinn der Gesellschaft zusteht, jedoch kein Stimmrecht. Diese Beteiligung steht nicht nur Mitarbeiterinnen offen. 

 

Zur Möglichkeit der Ausgabe 

Im Gesellschaftsvertrag muss die Ausgabe von Unternehmenswert-Anteilen geregelt sein. Das Ausmaß der Unternehmenswert-Anteile darf max. 25% des Stammkapitals erreichen. Eine Pflicht zur Ausgabe von Unternehmenswert-Anteilen gibt es aber nicht. 

Sofern sich aus dem Gesetz nichts anderes ergibt, ist ein Unternehmenswert-Anteil einem „normalen“ Geschäftsanteil rechtlich gleichzuhalten. Daraus folgt unter anderem, dass die Unternehmenswert-Anteile auch Teil des Stammkapitals der Gesellschaft sind. 

 

Zur Höhe der Beteiligungsquote

Die Stammeinlagen der einzelnen Unternehmenswert-Beteiligten und der geringste Nennbetrag bei Stückanteilen müssen mindestens 1 Cent betragen. Bei der Übernahme eines Unternehmenswert-Anteils ist die Stammeinlage sofort in voller Höhe zu leisten, wodurch eine spätere Inanspruchnahme (zB im Insolvenzfall) nicht mehr in Betracht kommt. 

 

Rechte und Pflichten der Unternehmenswert-Beteiligten 

Unternehmenswert-Beteiligte haben Anspruch auf einen Anteil am Bilanzgewinn und am Substanzwert des Unternehmens, beispielsweise am Liquidationserlös oder bei Veräußerung des Unternehmens nach dem Verhältnis ihrer eingezahlten Stammeinlagen.  

Aufgrund gesetzlicher Anordnung trifft sie keine Verpflichtung zur Leistung von Nachschüssen und keine Haftung für bei anderen Gesellschafterinnen uneinbringliche Stammeinlagen oder zurückgewährte Einlagen. 

Andererseits kommt den Unternehmenswert-Beteiligten bei der Erhöhung des Stammkapitals von Gesetzes wegen kein Bezugsrecht zu; ein solches Recht kann ihnen aber im Gesellschaftsvertrag eingeräumt werden. 

In Bezug auf die Unterlagen der Rechnungslegung sowie die Bücher und Schriften der Gesellschaft stehen den Unternehmenswert-Beteiligten ausschließlich Informations- und Einsichtsrechte zu. 

 

Keine Teilnahme an der Willensbildung (= kein Stimmrecht in der Generalversammlung)

Maßgeblich ist, dass Unternehmenswert-Beteiligten nicht an der Willensbildung der Gesellschaft teilnehmen. Ihnen stehen kein Stimmrecht und kein Recht auf Anfechtung oder Nichtigerklärung von Gesellschafterinnenbeschlüssen zu. Dennoch sind sie zur Teilnahme an den Generalversammlungen der Gesellschaft berechtigt und über die Durchführung von schriftlichen Abstimmungen zu informieren. 

Wird in die ihnen gesellschaftsvertraglich zugesicherte Rechtsposition eingegriffen, bedarf es der Zustimmung aller davon betroffenen Unternehmenswert-Beteiligten.

 

Mitverkaufsrecht der Unternehmensbeteiligten

Im Gesellschaftsvertrag ist, sofern Unternehmenswert-Anteile ausgegeben werden sollen, zwingend vorzusehen, dass die Unternehmenswert-Beteiligten ein Mitverkaufsrecht haben, wenn die Gründungsgesellschafter ihre Geschäftsanteile mehrheitlich veräußern. Dabei hat der Gesetzgeber insbesondere die Möglichkeit von Exit-Events bedacht. Darüber hinaus können auch weitere Fälle vorgesehen werden, in denen ein Mitverkaufsrecht besteht. 

Beabsichtigen eine oder mehrere Gründungsgesellschafter, ihre Geschäftsanteile mehrheitlich an Dritte zu verkaufen, so haben sie dafür zu garantieren, dass die Erwerber auch den Unternehmenswert-Beteiligten den Erwerb ihrer Anteile entsprechend der Höhe ihrer jeweils eingezahlten Stammeinlagen zum gleichen Preis und zu gleichen Konditionen anbieten.

 

Zur Übertragung von Unternehmenswert-Anteilen: 

Die Übertragung von „normalen“ Geschäftsanteilen einer FlexKapG ist neben dem Notariatsakt alternativ auch eine notarielle oder anwaltliche Urkunde möglich. Für die Übertragung von Unternehmenswert-Anteilen reicht hingegen bereits die Einhaltung der Schriftform aus, die auch bei Verwendung von qualifizierten elektronischen Signaturen erfüllt ist.

 

Unternehmenswert-Beteiligte und das Firmenbuch

Unternehmenswert-Beteiligte werden nicht individuell im Firmenbuch eingetragen. Im Firmenbuch wird in Bezug auf die Unternehmenswert-Anteile nur eingetragen, 

  • dass es Unternehmenswert-Anteile gibt, 

  • die Summe der insgesamt auf Unternehmenswert-Anteile entfallenden Stammeinlagen und 

  • die Summe der darauf geleisteten Einzahlungen.

 

Das Anteilsbuch

Da die Unternehmenswert-Beteiligten nicht in das Firmenbuch eingetragen werden, haben die Geschäftsführer über sämtliche Unternehmenswert-Beteiligte ein Anteilsbuch zu führen. In diesem Anteilsbuch sind 

  • Name und Geburtsdatum, gegebenenfalls die Firmenbuchnummer (= Namensliste) sowie 

  • ihre Stammeinlage und die darauf geleistete Einzahlung (= Anteilsliste) festzuhalten.

Für das Anteilsbuch gelten die Bestimmungen des Aktienbuches aus dem AktG überdies sinngemäß. 

 

Beteiligungstransparenz im Firmenbuch

Die Geschäftsführer haben die oben genannte Namensliste und Anteilsliste bei der Anmeldung der Gesellschaft zum Firmenbuch bzw. bei der erstmaligen Ausgabe von Unternehmenswert-Anteilen und danach jeweils spätestens neun Monate nach dem Bilanzstichtag zum Firmenbuch einzureichen. Beide Listen sind von sämtlichen Geschäftsführerinnen zu unterzeichnen und müssen sich auf einen Zeitpunkt beziehen, der am Tag der Einreichung zum Firmenbuch höchstens einen Monat zurückliegt. Dabei sind in der Anteilsliste auch alle Veränderungen bei den Unternehmenswert-Anteilen darzustellen, die seit Erstellung der letzten Liste eingetreten sind und aus der neuen Liste sonst nicht ersichtlich wären. 

Die Namensliste wird in die Urkundensammlung des Firmenbuchs aufgenommen. Daher müssen die Namensliste und die Anteilsliste in separaten Listen eingereicht werden. 

 

Nachträgliche Umwandlung

Eine Umwandlung von Unternehmenswert-Anteilen in (reguläre) Geschäftsanteile kann nur im Weg einer Kapitalherabsetzung sowie einer Kapitalerhöhung erfolgen, welche die allgemeinen Formvorschriften genügen muss (Übernahmeerklärungen in Notariatsaktsform bzw. durch notarielle oder anwaltliche Urkunde). 

Wird eine solche Kapitalherabsetzung gleichzeitig mit einer betragsgleichen Kapitalerhöhung beschlossen (dies wird der Regelfall sein) und kommt es dadurch weder zu einer Rückzahlung noch zu einer Leistung von Einlagen, kommt es zu keiner Berührung von Interessen der Gesellschaftsgläubiger. In diesem Fall kann daher ein Gläubigeraufruf und eine Sacheinlagenprüfung unterbleiben. 

 

Besonderheiten bei Ausgabe an Mitarbeiter

  • Umfassende Belehrungspflicht

Vor erstmaligen Erwerb eines Unternehmenswert-Anteils durch einen Mitarbeiter ist dieser von der Gesellschaft über die Natur des Unternehmenswert-Anteils und die wesentlichen Punkte des Gesellschaftsvertrags in rechtlicher und wirtschaftlicher Hinsicht zu belehren. 

Dazu ist dem Mitarbeiter eine nachvollziehbar gestaltete Information nachweislich zwei Wochen vor Zeichnung oder Übernahme des Unternehmenswert-Anteils auszuhändigen.

Der Begriff des Mitarbeiters ist laut Erläuterungen zur Regierungsvorlage weit auszulegen und umfasst neben Angestellten und Arbeiterinnen zB auch freie Dienstnehmer einer FlexKapG (ErlRV 2320 BlgNR XXVII. GP, 10.

Die erforderliche Belehrung umfasst neben einer Erläuterung der konkreten Voraussetzungen für den Erwerb dieser Unternehmenswert-Anteile („Vesting“) und der Veräußerungsmöglichkeiten (zB Beendigung des Arbeitsverhältnisses) insbesondere auch die steuerlichen und sozialversicherungsrechtlichen Rahmenbedingungen des Mitarbeiter-Beteiligungsprogramms.

 

  • Besondere gesellschaftsvertragliche Regelungen

Im Gesellschaftsvertrag ist bei Ausgabe von Unternehmenswert-Anteilen an Mitarbeiter festzulegen, an wen und zu welchen Konditionen Mitarbeiter ihre Unternehmenswert-Anteile veräußern können, wenn das Beschäftigungsverhältnis mit der Gesellschaft beendet wird. Hierzu zählen die Festlegung der zum Erwerb verpflichteten Personen und die Ermittlung des Kaufpreises. Dies entspricht im Wesentlichen der sog. Vinkulierung der Gesellschaftsanteile durch den Gesellschaftsvertrag wie sie aus dem GmbH-Recht bekannt ist. 

 

  • Achtung: mögliche Einlagenrückgewähr

Sofern das FlexKapG keine Sonderbestimmungen enthält, kommen die für Gesellschaften mit beschränkter Haftung geltenden Bestimmungen zur Anwendung, so zB das GmbHG. 

Bei einer solchen Mitarbeiterbeteiligung kann es zu Konstellationen kommen, in denen das „Verbot der Einlagenrückgewähr“ schlagend wird. Im Wesentlichen geht es darum, dass Gesellschafter ihre Stammeinlage nicht zurückfordern können, solange die Gesellschaft besteht (vgl § 82 GmbHG). Aus diesem Grund müssen Leistungen zwischen der Gesellschaft und dem Gesellschafter stets fremdüblich sein. Erhält ein Gesellschafter zB von der Gesellschaft ein überhöhtes – nicht fremdübliches - Entgelt für eine Leistung, so wird davon ausgegangen, dass die Gesellschaft dem Gesellschafter die von ihm geleistete Stammeinlage („Einlage“) unzulässigerweise zurückgewährt. 

Erwirbt ein Mitarbeiter einen Unternehmenswert-Anteil und bezieht dieser Mitarbeiter ein unüblich hohes Gehalt, so kann ein Verstoß gegen das Verbot der Einlagenrückgewähr vorliegen. Der Mitarbeiter leistete nämlich eine Einlage für den Erwerb seines Unternehmenswert-Anteils und erhält dieses indirekt über das überhöhte Gehalt zurück. Fraglich und ungeklärt ist auch, ob ein unüblich hohes Gehalt bereits bei einer überkollektivvertraglichen Entlohnung vorliegen kann. Hier ist bis zur richterlichen Klärung oder allfälligen gesetzlichen Novellierung Vorsicht geboten.