Entscheidung des EuGH vom 09.09.2015: Anwendungsbereich des Übereinkommens von Montreal auf Inlandsflüge

Erstellt von Mag Sylvia Unger |
Aviation Law , Luftfahrtrecht

In seinem Urteil vom 09.09.2015 (C 240/14) entschied der EuGH, dass das Übereinkommen von Montreal (kurz: MÜ) bei einem Inlandsflug nur auf Flüge, die von Lufttransportunternehmen mit einer gültigen Betriebsgenehmigung durchgeführt werden, gilt.

Sachverhalt:
Die Klägerin hatte ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Österreich und beabsichtigte den Kauf einer Plantage in Spanien. Zu diesem Zweck wurde sie vom Eigentümer der Liegenschaft mit einem Tragschrauber unentgeltlich über die Liegenschaft geflogen. Abflugs- und geplanter Landeort waren derselbe Ort in Spanien. Während des Fluges kam es zu einem Unfall, bei dem die Klägerin verletzt wurde. Die Klägerin forderte Schadenersatz von Halter und Versicherer. 

Vorlageantrag:
Das vorlegende Gericht (Landesgericht Korneuburg) war unsicher über die Anwendung des MÜ auf den gegenständlichen Sachverhalt und legte dem EuGH unter anderem folgende Frage zur Vorabentscheidung vor:
„Sind Art. 2 Abs. 1 Buchst. a und c der Verordnung Nr. 2027/97, Art. 3 Buchst. c und g der Verordnung Nr. 785/2004 sowie Art. 1 Abs. 1 des Übereinkommens von Montreal dahin auszulegen, dass Schadensersatzansprüche einer Geschädigten,

  • die Insassin eines Luftfahrzeugs war, dessen Abflug- und Landeort derselbe Ort eines Mitgliedstaats war,
  • die vom Piloten unentgeltlich transportiert wurde,
  • wenn der Zweck des Fluges darin bestand, für ein mit dem Piloten geplantes Liegenschaftsgeschäft die Liegenschaft von oben zu besichtigen, und
  • die durch den Absturz des Luftfahrzeugs am Körper verletzt wurde,

ausschließlich nach Art. 17 des Übereinkommens von Montreal zu beurteilen sind und nationales Recht nicht anwendbar ist?“

Entscheidung des EuGH:
Der EuGH entschied, dass in diesem Fall das MÜ keine Anwendung findet. Das MÜ gilt nur für „Luftfahrtunternehmen“, dh Lufttransportunternehmen mit einer gültigen Betriebsgenehmigung sowie Luftfahrtunternehmen mit einer von einem Mitgliedstaat im Einklang mit der VO Nr 2407/92 erteilten gültigen Betriebsgenehmigung. Die Beklagten waren mangels Betriebsgenehmigung nicht als solches „Luftfahrtunternehmen“ zu qualifizieren (für einen Rundflug ist auch keine solche Betriebsgenehmigung erforderlich), weshalb das MÜ nicht anzuwenden sei.