Das Barrierefreiheitsgesetz im Zahlungsverkehr

Erstellt von Mag. Sylvia Unger |
Bankenrecht , Zahlungsverkehrsrecht

Der österreichische Gesetzgeber hat im Juli 2023 das Barrierefreiheitsgesetz (BaFG) beschlossen. Durch das BaFG soll für Menschen mit Behinderung Barrierefreiheit für Produkte und Dienstleistungen gewährleistet werden, die nach dem 28.06.2025 in Verkehr gebracht werden. Umfasste Produkte und Dienstleistungen vom Zahlungsverkehrssektor sind uA: 

  • Zahlungsterminals,

  • Geldautomaten,

  • Bankdienstleistungen für Verbraucher, wozu auch Zahlungsdienste zählen. 

Das Barrierefreiheitsgesetz (BGBL. I Nr. 76/2023) basiert auf der europäischen Barrierefreiheitsrichtlinie (RL 2019/882) und ist ab dem 28.06.2025 anwendbar. 

 

1. Geltungsbereich

Der Geltungsbereich ist in § 2 BaFG geregelt. Er umfasst sowohl Produkte als auch Dienstleistungen. 

 

1.1 Zahlungsverkehrrelevante Produkte 

  • Zahlungsterminals (§ 2 Abs. 1 Z 2 lit. a) und 

  • Geldautomaten (§ 2 Abs. 1 Z 2 lit. b aa). 

 

1.2 Zahlungsverkehrrelevante Dienstleistungen 

  • Bankdienstleistungen für Verbraucher (§ 2 Abs 2 Z 4): Diese umfassen uA Kreditverträge, Zahlungsdienste, mit einem Zahlungskonto verbundene Dienste, E-Geld etc. Laut den Erläuternden Bemerkungen zum BaFG sollen die Barrierefreiheitsanforderungen auch für die Identifizierungsmethoden, elektronischen Signaturen und Zahlungsdienstleistungen gelten. Damit sollen Menschen mit Behinderung angemessen und in gleicher Weise wie alle anderen Verbraucher geschützt werden und die Dienste nutzen und fundierte Entscheidungen treffen können. 

  • Dienstleistungen im elektronischen Geschäftsverkehr (§ 2 Abs 2 Z 6): Dies sind Ferndienstleistungen, die elektronisch auf individuelle Anfrage eines Verbrauchers zum Abschluss eines Verbrauchervertrages führen und über Websites und mobile Apps erbracht werden (zB E-Banking, Internetzugangsdienste, SMS-Dienste). 

 

2. Barrierefreiheitsanforderungen

In Anlage 1 des BaFG sind zahlreiche Barrierefreiheitsanforderungen einzeln in Abschnitten geregelt. 

  • Für Produkte (zB Zahlungsterminals) gilt Anlage 1, 1. und 2. Abschnitt. 

  • Für Dienstleistungen gilt Anlage 1, 3. und 4. Abschnitt. 

  • Zahlungsinstrumente (zB Bezahlkarten wie Debit- oder Kreditkarten) sind nicht gesondert im BaFG geregelt. Es ist jedoch davon auszugehen, dass auch diese so gestaltet sein müssen, dass sie barrierefrei für Bankdienstleistungen und Dienstleistungen im elektronischen Geschäftsverkehr einsetzbar sind. 

Insbesondere bei Bankdienstleistungen für Verbraucher (Anlage 1, 4. Abschnitt lit. e aa und bb) ist hervorzuheben: 

  • Bei der Bereitstellung von Identifizierungsmethoden und elektronischen Signaturen ist auf robuste, wahrnehmbare, verständliche Bedienbarkeit zu achten.

  • Die sprachliche Informationsdarstellung darf nicht über dem Niveau B2 (höhere Mittelstufe) liegen. 

 

3. Übergangsfristen

Das BaFG tritt mit 28.06.2025 in Kraft. Es gelten jedoch langjährige Übergangsfristen (§ 37 BaFG). Selbstbedienungsterminals etwa, die von einem Dienstleistungserbringer vor dem 28.06.2025 eingesetzt worden sind, dürfen 

  • bis zum Ende ihrer wirtschaftlichen Nutzungsdauer, 

  • aber nicht länger als 20 Jahre nach Inbetriebnahme 

  • und längstens bis 28.06.2040 weiter eingesetzt werden.

 

Fazit

Das Barrierefreiheitsgesetz stellt den Zahlungsverkehr vor größere Umstellungen. So sind sowohl die dem Zahlungsverkehr dienenden Geräte als auch die Dienstleistungen selbst in Zukunft barrierefrei zu gestalten. Bis zur Anwendbarkeit des Gesetzes bleibt noch ein gutes Jahr Zeit. Es gelten relativ lange Übergangsfristen.