Befristung von Arbeitsverträgen – Unzulässige Kettenarbeitsverträge (OGH 25.04.2018, 9 ObA 4/18f)

Erstellt von Mag. Sylvia Unger |
Employment Law for Companies , Arbeitsrecht

Es ist unzulässig, den Arbeitsvertrag wiederholt so zu befristen, dass das Arbeitsverhältnis immer zu jenem Zeitpunkt endet, zu welchem ein Auftrag, mit dem der Arbeitnehmer betraut wird, ausläuft. Es ist allein das Risiko des Arbeitgebers, genügend Aufträge zu akquirieren, um bereits vorhandenen Arbeitnehmer beschäftigen zu können. Dieses Risiko darf nicht durch eine wiederholte Befristung auf den Arbeitnehmer überwälzt werden.

Sachverhalt: Der Arbeitgeber (AG) führt ein Unternehmen, dessen wesentliche Geschäftstätigkeit die Durchführung von arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen im Auftrag des AMS ist. Die Maßnahmen werden zeitlich befristet im Wege öffentlicher Ausschreibungen vergeben. Das AMS muss dem Einsatz eines Trainers zustimmen.

Der Arbeitnehmer (AN) war als Trainer in diesen Maßnahmen tätig. Hierzu wurde ein befristeter Arbeitsvertrag abgeschlossen, der je nach weiterem Auftrag, um die Dauer dieses neuen Auftrages verlängert wurde. Grund für die wiederholte Befristung war, dass die AMS-Maßnahmen zeitlich befristet vom AMS an den AG vergeben wurden. Bis zum jeweiligen Zuschlag war nicht klar, welches Unternehmen den Auftrag erhielt. Der AG sicherte durch die befristeten Dienstverhältnisse mit dem AN sein wirtschaftliches Risiko dahingehend ab, dass für den Fall, dass der Zuschlag für ein Projekt an ein anderes Unternehmen ging, das Dienstverhältnis durch Fristablauf endete, wobei das Ende des Dienstverhältnisses mit dem Projektende zusammenfiel. Beim AG ist es üblich, Arbeitsverträge projektbezogen und daher mit Ende des Projekts befristet abzuschließen. Dies sei ebenso branchenüblich, so der AG. 

Als ein Auftrag an ein anderes Unternehmen ging, wurde der befristete Vertrag des AN nicht mehr verlängert. 

Der OGH entschied: Die Aneinanderreihung befristeter Arbeitsverhältnisse ist mit einer für den AN nachteiligen Unsicherheit für seine weitere berufliche Zukunft verbunden und birgt in hohem Maß die Gefahr der Umgehung zwingender Rechtsnormen für unbefristete Arbeitsverträge. Kettenarbeitsverträge sind nur dann rechtmäßig, wenn die Aneinanderreihung einzelner auf bestimmte Zeit abgeschlossener Arbeitsverträge im Einzelfall durch besondere soziale oder wirtschaftliche bzw organisatorische oder technische Gründe gerechtfertigt ist. 

Die erste Befristung eines Arbeitsverhältnisses ist grundsätzlich zulässig, ohne dass es einer sachlichen Rechtfertigung bedarf. Bereits die erste Verlängerung auf bestimmte Zeit ist darauf zu prüfen, ob damit nicht zum Nachteil des AN die Bestimmungen des Kündigungsschutzes oder (auch) die gesetzlichen Vorschriften über Kündigungsfristen und Kündigungstermine umgangen werden.

Nicht jede betriebswirtschaftliche Überlegung kann ein Rechtfertigungsgrund sein. So ist es keine sachliche Rechtfertigung für eine Aneinanderreihung befristeter Arbeitsverträge, dass sich der AG die Möglichkeit offenhalten will, bei Rückgang der Aufträge die Zahl der AN sofort zu vermindern. Die Ungewissheit über den Stand der Aufträge ist ein typisches Betriebsrisiko, das nicht auf die AN überwälzt werden darf.

Die Branchenüblichkeit ist nach hA kein zulässiger Rechtfertigungsgrund für die Aneinanderreihung von befristeten Arbeitsverträgen, da ansonsten eine Gesetzesumgehung in aus rechtsstaatlicher Sicht bedenklicher Weise dadurch gerechtfertigt wird, dass sie üblich geworden ist.

Da der unzulässige Kettenarbeitsvertrag beendet wurde, steht dem AN ein Schadenersatz auf das Entgelt für jenen Zeitraum zu, der bei ordnungsgemäßer Kündigung durch den AG bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses hätte verstreichen müssen (Kündigungsentschädigung)